Leitlinien

Präambel 

Jugendarbeit bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen gesetzlicher Pflichtaufgabe und freiwilliger Leistung. Den gesetzlichen Hintergrund bilden im Wesentlichen das SGB VIII (KJHG), das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum SGB VIII und das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG).

Basierend auf der Vereinbarung mit dem Landkreis Cuxhaven vom 1. Januar 1994 über die Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB VIII hat sich die Gemeinde Loxstedt verpflichtet, die örtliche Jugendarbeit als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises zu erfüllen.

Die rechtliche Grundlage unserer Arbeit bildet das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) SGB VIII. In §11 (1) SGB VIII heißt es: „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlichen Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.“

Unsere Angebote richten sich an alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum Alter von 27 Jahren unabhängig vom religiösen, ethnischen, politischen, sozialen oder finanziellen familiären Hintergrund. Sie ist interkulturell, geschlechtsspezifisch und berücksichtigt die Grundprinzipien der Inklusion. Darüber hinaus setzen wir auch Angebote für das Gemeinwesen um.

Unsere Mitarbeitenden arbeiten seit September 2020 nach den Prinzipien der Selbstleitung in einem selbst geleiteten Team. Im Rahmen dieses Prozesses wurden Leitlinien erarbeitet, die die Grundlage unseres pädagogischen Handelns bilden und von allen Mitarbeitenden getragen und umgesetzt werden.

Unsere Leitlinien

Teilhabe

In unseren Einrichtungen wird jeder Mensch respektiert und akzeptiert, unabhängig von Aussehen, Sprache, Lebenssituation etc. Vielfalt ist ausdrücklich erwünscht und wird gefördert. Alle Kinder und Jugendlichen sind einzigartig und wir unterstützen diese Einzigartigkeit.

Unsere Angebote stehen allen Kindern und Jugendlichen offen und wir gestalten die Zugänge niedrigschwellig. Wir versuchen z.B. mit Hilfe unserer Mobilen Jugendarbeit „Der Bringer“, diejenigen Kinder und Jugendlichen zu erreichen, die nicht in unsere Einrichtungen kommen (können).

Netzwerk und Gemeinwesen

Netzwerke sind ein wichtiges Fundament unseres pädagogischen Handelns. Vernetzung bedeutet für uns, aktive Partner, Organisationen und Einzelpersonen zusammen zu bringen, um durch Bündelung der Ressourcen Synergieeffekte für das Gemeinwesen zu erzielen, die für die Erhöhung der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen förderlich sind.

Wir arbeiten deshalb mit Partnern wie Schule, Vereine und Verbände, GJL, Ortsvorstehern, Jugendhilfe, Beratungsstellen, Eltern, Politik, Polizei u.a. eng zusammen und schaffen Räume, in denen ein regelmäßiger Austausch zwischen allen Akteuren stattfinden kann. (z.B. Präventionsrat) Es werden gemeinsame Projekte erarbeitet und umgesetzt.

Wir bieten Akteuren zudem Räume in unseren Einrichtungen zur wohnortnahen Umsetzung ihrer Angebote an.

Persönlichkeitsentwicklung

Ziel unserer Kinder- und Jugendarbeit ist die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen durch Förderung der Selbständigkeit, des Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls, der Eigenverantwortlichkeit, des Verantwortungsbewusstseins und der Gemeinschaftsfähigkeit, der Kommunikations-, Kritik-, Kooperations- und Konfliktfähigkeit sowie des sozialen Engagements und der gesellschaftlichen Mitverantwortung.

Zum Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen gehört es, für sich einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Sie sollen nach Möglichkeit entdecken, was sie in ihrem Innersten antreibt. Sie müssen gleichzeitig zahlreichen äußeren Einflüssen und Forderungen von den Eltern oder aus Kita, Schule oder Peer Group gerecht werden.

Wir unterstützen Kinder und Jugendliche bei dieser Aufgabe, indem wir ihnen eine „Arena“ anbieten, in der sie sich angstfrei ausprobieren können. Die Arena ist nicht nur unser Arbeitsfeld, sondern auch das der Kinder und Jugendlichen – deshalb verhandeln wir ihre Ausgestaltung ständig als „Andere unter Gleichen“ neu. Dabei können wir Angebote informeller Bildung beisteuern: Beteiligungsangebote, bei denen Kinder und Jugendliche ihren Willen finden und artikulieren oder auch Ehrenamtsgelegenheiten, in denen sie Verantwortung übernehmen. Vor allem aber treten wir dafür ein, dass in unserer Arena niemand Angst haben muss, beurteilt zu werden, sich vorzeitig festlegen zu müssen oder ausgeschlossen zu werden.

Beteiligung

Das Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung ist ein Menschenrecht. Die gesetzliche Grundlage dafür bilden im Wesentlichen die Menschenrechtskonvention, die EU Grundrechtecharta, das BGB, das SGB VIII sowie § 36 des NkomVG. Für die Kinder- und Jugendarbeit ist § 8 SGB VIII der eigentliche Beteiligungsparagraf, in dem es heißt: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen.“ In § 1 (3) Nr. 4 SGB VIII ist festgeschrieben, dass die Jugendhilfe insbesondere dazu beitragen soll, „… positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“.

Kinder und Jugendliche sind also nicht nur Adressatinnen und Adressaten unserer Kinder- und Jugendarbeit, sondern auch getreu dem Motto „Nichts für uns – ohne uns!“ aktive Gestalterinnen und Gestalter. Sie eignen sich Räume an und bestimmen die Ausgestaltung von Räumen und Angeboten mit. Aufgrund des Prinzips der Freiwilligkeit und der sich wandelnden Gruppenkonstellationen muss in jeder Einrichtung mit den Beteiligten im Aushandlungsprozess immer wieder aufs Neue geklärt werden, was Thema ist, welche Ziele und Inhalte daraus hervorgehen und wie diese methodisch zu realisieren sind.

Zum Beispiel erhalten Kinder und Jugendliche im Rahmen des jährlichen Jugendforums die Möglichkeit gegenüber den Entscheidenden in der Politik eigene Ideen zu formulieren und ihre Interessen zu vertreten. Eine Vertreterin bzw. ein Vertreter des Gemeindejugendrings und des Jugendforums sind zugewählte Mitglieder im Jugend-, Senioren-, Integrations- und Sozialausschuss. Sie können so dazu beitragen, ihr Lebensumfeld in der Gemeinde Loxstedt kinder- und jugendfreundlich zu gestalten.

Ehrenamt

Ehrenamtliches Engagement ist eine wichtige Stütze unserer Arbeit. Jugendliche und Erwachsene helfen uns bei der Durchführung fast aller unserer Projekte und Aktionen – ohne die Hilfe engagierter Menschen gäbe es keine Freizeiten wie das Kindercamp, keine Großveranstaltungen wie go sports, kein Ferienpassprogramm und auch sonst nur noch wenig von dem, was die Arbeit der Jugendpflege ausmacht.

Die Förderung ehrenamtlichen Engagements in jeder Form ist deshalb eine zentrale Säule unseres Handelns.

Wir tun das zum Beispiel mit der Schaffung von Ehrenamtsgelegenheiten, indem wir Kinder und Jugendliche so früh wie möglich ermutigen, Dinge, die ihnen wichtig sind, selbst in die Hand zu nehmen. Wir stellen ihnen dafür benötigte materielle Ressourcen zur Verfügung. Wir stehen ihnen helfend und beratend zur Seite, aber wir vertrauen auch darauf, dass sie ihre Aufgabe gut erledigen können. Gleiches gilt natürlich für Erwachsene, die sich in unsere Arbeit einbringen wollen.

Wir schaffen außerdem Fortbildungsmöglichkeiten wie die JULEICA-Ausbildung für Jugendliche ab 14 oder Fahrsicherheitstrainings für Erwachsene, die mit unseren Bussen Kinder transportieren wollen.

Und, nicht zuletzt, lassen wir alle Helfenden wissen, wie sehr wir ihr ehrenamtliches Engagement wertschätzen. Durch Einrichtungen wie die Team-Lounge extra für sie, aber auch durch unser Auftreten – deshalb an dieser Stelle: Dankeschön.

Prävention

Der Begriff Prävention kommt aus dem lateinischen von „praevenire“ und bedeutet „zuvorkommen“. Das Ziel von Prävention ist es, einem Ereignis oder Zustand vorzubeugen und dessen Folgen möglichst zu vermeiden. Dabei kann sich Prävention auf das Verhalten von Gruppen und einzelnen Personen oder auf Veränderungen in deren Lebenswelt beziehen.

Wir sehen unsere Aufgabe ausschließlich im Bereich der Primärprävention und entwickeln in diesem Bereich Maßnahmen, die vor der Entstehung eines möglichen Problems ansetzen und sich auf alle Generationen und Lebensbereiche auswirken. Das Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität aller, daher sind die Adressatinnen und Adressaten unserer Präventionsarbeit alle Bürgerinnen und Bürger und nicht ausschließlich Kinder und Jugendliche.

Wir behandeln in unserer Arbeit Kinder und Jugendliche nicht als gefährliche Risikoträger, die vor sich selbst und andere vor ihnen geschützt werden müssen, sondern als kompetente und gleichberechtigte Partner. Wir stellen uns anwaltschaftlich auf die Seite der Kinder und Jugendlichen und wollen ihre Lebensbewältigung stärken. Wir sehen uns nicht als überwachendes und maßregelndes Organ der Gesellschaft.

Um aktuelle Problematiken erkennen und präventive Maßnahmen initiieren zu können, greifen wir auf unser Netzwerk zurück. Im Präventionsrat unserer Gemeinde finden sich regelmäßig verschiedene Akteure zusammen, die gemeinsame Aktionen planen. Die Geschäftsführung hat die Jugendpflege übernommen. In einer jährlichen Präventionsversammlung, die offen für alle Bürgerinnen und Bürger ist, werden unterschiedliche Themen angesprochen.

Prinzip der Selbstleitung

In Anlehnung an das Modell „Reinventing Organizations“ nach Frederic Laloux haben wir uns als Team neu aufgestellt und arbeiten seit September 2020 als selbstgeleitetes Team. Wir danken an dieser Stelle ausdrücklich den Entscheidenden aus der Politik sowie unserem Bürgermeister und Ersten Gemeinderat, die uns diesen Weg gestalten lassen und uns bei der Selbstleitung unterstützen.

Wir organisieren uns selbst, stehen auf einer Ebene ohne Hierarchie nebeneinander. Die Selbstorganisation erfordert ein hohes Maß an Kommunikation, Transparenz und Diskussionsbereitschaft. Unsere Bundesfreiwilligen sowie Praktikantinnen und Praktikanten werden an diesem Prozess beteiligt und gelten als vollwertige Teammitglieder.

Je nach Fähigkeiten und Motivation übernehmen Kolleginnen und Kollegen nach Bedarf Rollen (z.B. Verantwortung für Personal, Finanzen oder projektbezogen).

Eine Entscheidungsfindung findet nicht mehr hierarchisch, sondern in einem Beratungsprozess und der anschließenden Verantwortungsübernahme statt. Vor der Entscheidung müssen alle Betroffenen der Entscheidung konsultiert werden, ohne dass es dabei zu einem Konsens kommen muss.

Informationen werden transparent geteilt. Kollektive Intelligenz und frühes Feedback verhindert und löst Konflikte. Dafür nutzen wir interne Kommunikationsplattformen, aufs Tagesgeschäft bezogene wöchentliche digitale Meetings und monatliche persönliche Treffen, um größere Themen abzustimmen.

Unser Fokus liegt auf der Teamleistung, nicht auf der Einzelleistung. Konkurrenzdenken und Selbstdarstellung lösen sich auf, denn das Team als Ganzes steht im Mittelpunkt.